Der Roman erzählt eine Dreiecksgeschichte. Sie stellt die Liebe zwischen der verheirateten Prinzessin von Clèves und dem Herzog von Nemours dar, die an den gesellschaftlichen Konventionen zerbricht. Doch auch nach dem Tod ihres Ehemanns verzichtet die Titelheldin auf die Erfüllung ihrer Liebe und zieht sich in ein Kloster zurück. Um den historischen Charakter des Romans zu betonen, hatte Madame de La Fayette ihn ursprünglich als >>Memoiren<< bezeichnet. Vordergründig spielt die Handlung im letzten Jahr der glanzvollen Regierungszeit Heinrichs II. (1519-1559; reg. 1547-59); dahinter aber öffnet sich der Blick auf die eigene Epoche, die höfische Gesellschaft zur Zeit der absoluten Monarchie Ludwigs XIV. (1638-1715; reg. 1661 bis 1715). Diese zeitgenössische Geschichte enthüllt die Autorin als rücksichtslosen Kampf widerstreitender Interessen. Ihr moralistischer Blick entlarvt die blendende höfische Prachtentfaltung und die Galanterie der Umgangsformen; er durchstösst die Fassade des Scheins, um dahinter, ganz im Sinne von François de R La Rochefoucauld, die Eigenliebe als den eigentlichen Antrieb menschlichen Handelns und letztlich von Geschichte blosszulegen.
Nachlass Elisabeth Ramoser.